Die Vorbereitung auf ein Gutachten im Sorgerechtsverfahren ist ausschlaggebend

Eine gute Vorbereitung kann die Gefahr des eigenen vermeidbaren Fehlverhaltens während einer Begutachtung reduzieren und damit die Chance auf einen positiven Ausgang erhöhen.

Carolyn Steen
Carolyn Steen - Psychologische Lebensberatung, Coaching, Krisenintervention

“Wie kann ich mich gut auf ein Gutachten im Sorgerechtsverfahren vorbereiten?”

In Sorgerechtsverfahren werden vom Gericht oft Gutachten eingeholt. Dies ist meist dann notwendig, wenn es im Verfahren unter Anderem um komplexe Fragen zu Kindeswohl und Kindeswillen geht und der Richter oder die Richterin sich fachlich kompetent beraten lassen will.

„Wir alle sind klug. Die einen vorher, die anderen nachher.“
Chinesische Weisheit

(Ich bin in einem anderen Beitrag darauf eingegangen, was man bei der Entscheidung über die Mitwirkung an einem Gutachten beachten sollte.)

Der mit dem Gutachten bestellte Sachverständige hat eine herausragend wichtige Rolle im Verfahren. Meiner Erfahrung nach wird der Fall in den allermeisten Verfahren durch das Gericht im Sinne des Gutachtens entschieden. Sollte ein Richter oder eine Richterin ein Gutachten abweisen wollen, müsste er oder sie die eigene und bessere Sachkunde nachweisen. Dies ist eher unwahrscheinlich.

Auch wegen der Wichtigkeit des Ausgangs für das eigene Anliegen bedeutet ein Gutachten “über sich ergehen zu lassen” immer auch eine Menge Stress. Sowohl für sich selber, wie für den anderen Elternteil, als auch für die betroffenen Kinder.

Aus Stress-Reaktionen heraus werden oft Handlungen vollzogen und Aussagen gemacht, die man aus einer entspannten, denklogischen Position nicht mehr nachvollziehen kann.

Wichtig ist aus meiner Sicht daher, dass man sich sehr gut auf die Begutachtung vorbereitet, um einen “guten“ Eindruck zu vermitteln und nicht durch eigenes vermeidbares Fehlverhalten den Ausgang des Gutachtens negativ zu beeinflusst.

Geht es beispielsweise im Gutachten teilweise um die sogenannte “Erziehungsfähigkeit” eines oder beider Elternteile, ist es wichtig, zu wissen, was konkret erwartet wird, um dies dann möglichst authentisch und “locker” in der Begutachtung umsetzen zu können.

,,Erziehungsfähigkeit bedeutet, an den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Kindes orientierte Erziehungsziele und Erziehungseinstellungen auf der Grundlage angemessener Erziehungskenntnisse auszubilden und unter Einsatz ausreichender persönlicher Kompetenzen in der Interaktion mit dem Kind in kindeswohldienliches Verhalten umsetzen zu können.“ (nach Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, 3. Auflage 2016, S.121)

Folgende Themen werden dabei untersucht und sollten VORHER von dir selber reflektiert und Antworten und Verhaltensweisen überprüft werden:

  • Erziehungskenntnisse (allgemeine Kenntnisse über Erziehung und die konkreten Bedürfnisse des Kindes)
  • Kompetenz des Erziehenden (einfühlsam, konsequent, vorhersehbar, Sicherheit und Orientierung vermittelnd)
  • Erziehungsziele (Erwartungen und Forderungen an das Kind werden Kind- orientiert vermittelt)
  • Erziehungsverhalten (kindliche Bedürfnisse werden angemessen gefördert und kanalisiert – der Erziehungsstil; autoritär, anti-autoritär, autoritativ… wird begutachtet )
  • Interaktion zwischen Elternteil und Kind wird beobachtet
  • u.v.m.

 

Da man sich oft in Stresssituationen anders verhält, als man es sich im Nachhinein wünscht, ist es aus meiner Erfahrung zwingend notwendig, sich mit guter externer Unterstützung auf die Begutachtung in diesem Sinne vorzubereiten, damit man in der Situation selber zwar vorbereitet kompetent, aber dadurch auch authentisch und “echt” auftreten kann.

Carolyn Steen – Psychologische Lebensberatung, Coaching, Krisenintervention, Trennungs- und Scheidungsberatung – Im Mittelpunkt des Lebens