PAS - Eltern-Kind-Entfremdung vorbeugen? Finger aus dem anderen System!

Besonders nach einer Trennung und Scheidung sind Eltern oft mit Fragen konfrontiert, die sie selber tief emotional aufwühlen und belasten:

Carolyn Steen - Psychologische Lebensberatung, Coaching, Krisenintervention

Was passiert eigentlich mit Kindern, wenn Eltern sich trennen? Können Scheidungskinder überhaupt glücklich sein, oder zumindest jemals wieder glücklich werden? Zerstört man das Glück seiner Kinder auf Ewig?

Selbst Erwachsene, die direkt Einfluss auf das Geschehen nehmen können, sind oft hilflos überfordert und ihren Emotionen unterworfen. Wie soll im Vergleich ein Kind auf eine Situation reagieren, auf die es weder Einfluss hat, noch in irgend einer Form Mitspracherecht oder Kontrolle?

Bei einer Eltern- Kind-Beziehung handelt es sich um eine Liebesbeziehung. Diese heilt man nicht mit Macht, Gewalt, Manipulation oder Liebesentzug, sondern mit Liebe.

Eltern-Kind-Entfremdung verhindern? Finger aus dem System des anderen Elternteils!

Wenn die Eltern sich trennen haben Kinder Ängste. Sie sind unsicher, fühlen sich einsam, verlassen und durch die Welt, vor der sie bisher mehr oder weniger gut in der Geborgenheit der Familie geschützt wurden, bedroht. Oft haben sie Schuldgefühle, glauben, sie hätten ursächlich mit Schuld an der Trennung der Eltern.

Wie sich diese Gefühle äußern und wie stark sie ausgeprägt sind, welche dominieren oder vorliegen hängt nicht nur vom Charakter des Kindes ab, sondern wird auch bestimmt durch den Grad der Auseinandersetzung der Eltern und durch die Form, wie die Eltern das Kind durch eine Trennung begleiten. Oft erkennt man die Zeichen eines starken inneren Konfliktes oder gar einer Traumatisierung des Kindes nur an körperlichen oder somatischen Symptomen wie Bauch- oder Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Vielleicht zeigen sich Probleme, die das Kind hat, aber auch durch schulische Schwierigkeiten oder sozial auffälliges Verhalten.

Insbesondere wenn der Konflikt der Eltern eine langanhaltende Vorgeschichte hat, besonders aggressiv oder respektlos auch in Gegenwart der Kinder ausgetragen wurde, finden wir soziale Anpassungsstörungen, da das Kind kein positives Rollenerleben in der Familie hat und die dysfunktionalen Verhaltensmuster der Eltern auf die eigene kindliche Umwelt überträgt.

Hier entsteht nun eine neue Herausforderung, der sich Eltern oft nicht bewusst sind und aus “gutem Willen” und fehlgeleiteter Liebe oft mehr Schaden anrichten, als ihnen bewusst ist: sie mischen sich in das Beziehungs-System des anderen Elternteils und ihrer Kinder ein.

Oft stellen Eltern dann sehr verwundert fest, dass der betroffene Elternteil sehr empfindlich reagiert, abwehrt, aggressiv wird, unter Umständen das genaue Gegenteil dessen tut, was “empfohlen” wurde. Es kommen Vorwürfe auf, Streit entsteht, manchmal wird sogar das genaue Gegenteil dessen gemacht, was “angeordnet” wurde. Die Eskalation zwischen den Eltern beginnt an dieser Stelle. Beide Eltern erheben den Anspruch darauf, selber gut zu wissen, was für das eigene Kind richtig und gut ist und wollen sich in ihrer Zeit nicht von dem abwesenden Elternteil “diktieren” lassen.

In manchen Beratungsstellen und von vielen Psychologen und Therapeuten wird empfohlen, ein gemeinsames Erziehungskonzept zu entwickeln, um dem Kind den Wechsel zwischen den Eltern zu vereinfachen.

Ich habe inzwischen eine andere Sicht hierauf und rate allen Eltern von Anfang an die Finger aus dem System des anderen Elternteils zu nehmen.

WICHTIG: dies gilt selbstverständlich nur solange keine (juristisch nachvollziehbar und fachlich untermauert) Gefahr für Leib, Leben und psychische sowie emotionale Gesundheit des Kindes durch den anderen Elternteil besteht. Ich zähle hier explizit weder “falsches Essen”, “zu viel Fernseh- oder Computerzeit”, “zu warme oder zu kalte Bekleidung” und ähnliches dazu, sondern ausschließlich nachgewiesenen Missbrauch oder echte Vernachlässigung (das Kind bekommt über mehrere Tage nichts zu essen, wird eingesperrt, geschlagen…).

In der Regel zeigt sich, dass emotional und psychisch gesunde und stabile Kinder absolut in der Lage sind, von einem komplett unterschiedlichen System ins nächste zu gehen, sich dort anzupassen und sich auch wohl zu fühlen und zu entspannen. Als Beispiel möchte ich hier nennen: Kinder können an einem Tag problemlos und zufrieden, glücklich angepasst erst im Elternhaus, dann in der Schule, im Sportverein, bei Freunden und bei den Großeltern sein. In allen Systemen gelten andere Regeln und die Verantwortung für die Beziehungen zwischen den Beteiligten (Lehrer, Freunde, Trainer, Eltern von Freunden, Großeltern….) und dem Kind können wir in den aller meisten Fällen unbesorgt von uns weisen.

Meiner Erfahrung nach ist das Einzige, das viele Eltern durch die Einmischung erzeugen, dass der andere Elternteil gehindert wird, eine ganz eigene Beziehung zu dem Kind aufzubauen. In den aller meisten Fällen ist die Beziehung zwischen Elternteil und Kind auf Liebe begründet, die oft erst dann wirklich gelebt und gefühlt werden kann, wenn die Beziehung ohne äußere Intervention und Einmischung entstehen und wachsen kann.

Wenn ich mich aber dazwischen stelle, entfremde ich per se mein Kind vom anderen Elternteil und erschwere es den beiden eine eigenständige ganz individuelle Form der Bindung und Beziehung aufzubauen, weil ich glaube “besser zu wissen”, was für mein Kind gut sei, anstatt darauf zu vertrauen, dass die Vielfalt des Andersartigen meinem Kind zu mehr Wachstum, einer höheren Resilianz und einer erweiterten Perspektive auf das Leben verhelfen kann.

Schreib mir doch in die Kommentare, was deine größte Herausforderung mit deinem Teenager oder Kind war oder ist. Was hast du bisher gehört und gedacht?

Carolyn Steen – Psychologische Lebensberatung, Coaching, Krisenintervention, Trennungs- und Scheidungsberatung – Im Mittelpunkt des Lebens